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Im Riesenslalom am Sonntag (2.15 und 5.45 Uhr MEZ) und im Slalom am Donnerstag greift Marcel Hirscher nach weiteren Medaillen.
Felix Neureuther hat gesagt, ob man drei oder 30 Rennen gewonnen hat, sei in 20 Jahren völlig egal. Entscheidend seien die Momente, die man durch den Sport erlebt. Wie sehen Sie das?
Hirscher: Dem kann ich sicher vieles abgewinnen! Und hinzufügen, dass wir letztlich eh nicht wissen, was in 20 Jahren ist. Aber ich versuche schon, im Jetzt zu sein, da habe ich mehr davon und alle rund um mich auch.
Sie dominieren seit sechs Jahren, geben im Training aber keinen winzigen Prozentpunkt nach. Warum so bissig, sind Sie ein Getriebener?
Hirscher: Es hat sich sicher auch schon so angefühlt in den letzten Jahren! Ich habe mich teilweise getrieben… Eins kann ich sicher sagen: So entspannt wie in dieser Saison und so offen für alles, was da kommt, war ich nicht immer.
„Marcel, lass gut sein für heute.“ – würden Mitglieder aus Ihrem Team so einen Satz sagen? Oder entscheiden nur Sie, wann Schluss ist?
Hirscher: Tatsächlich gibt’s bei uns mehr WIR als ich oder er. Sonst wären wir auch nicht das Team, das wir sind. Was ich herunterbringe pro Lauf ist eine Summe aus lauter einzelnen Komponenten – das wäre in keinem Fall ohne Team möglich. Wir kennen den Strang und ziehen alle in dieselbe Richtung, so geht das. Deshalb ist die Antwort auf die Frage: nein.
„2022 habe ich hoffentlich vieles am Tisch, Olympia ist aber nicht darunter“
Bis zur Kombination fehlte Ihnen ausgerechnet Olympia-Gold. Hatte Sie das genervt?
Hirscher: Offen gestanden nicht. Sollte es denn? Olympische Spiele sind vom Spirit her einzigartig und sportlich betrachtet ist es ein erstrebenswertes Ziel, dort Gold zu holen. Und ja, das fehlte mir noch. Aber auch wenn es nicht geklappt hätte, hätte ich gut damit leben und auf alles Erreichte stolz sein können.
Olympia und das IOC stehen in der Kritik: Welche Bedeutung haben die Spiele für Sie und ist ein Start 2022 endgültig vom Tisch?
Hirscher: Klar mach ich mir als Sportler meine Gedanken, und meine Entscheidungen, zu Spielen zu fahren, sind nie bedingungslos. 2022 habe ich hoffentlich vieles am Tisch, Olympia ist aber nicht darunter.
Riesenslalom und Slalom kommen noch. Wie viele Ski hat der Materialtüftler Hirscher im Gepäck?
Hirscher: So an die 30 Paar Ski, wir wollen auf alles vorbereitet sein.
Erhöht viel Auswahl nicht die Möglichkeit eines Fehlgriffs?
Hirscher: Viel Auswahl erhöht die Möglichkeiten, genau! Und wir machen unsere Sache alle ja nun schon eine Weile, was Fehlgriffe sicher minimiert, aber nie zur Gänze ausschließt.
Ihr Vater Ferdinand, der wegen seiner Flugangst fehlt, begleitet Sie Ihr ganzes Ski-Leben. Was geben Sie ihm zurück?
Hirscher: Wir sind eine Familie und ich habe vieles von daheim mitbekommen, wofür ich extrem dankbar bin. So auch, am Boden zu bleiben, umsichtig sein, hart zu arbeiten, aufeinander zu schauen und vieles mehr. Und ich glaub’ ehrlich gesagt, dass das zu den wichtigsten Dingen gehört, die ich von meinen Eltern lernen durfte. Ich glaube, wenn Eltern mitkriegen, dass es ihren Kindern fantastisch geht, ist das unbezahlbar. Und entschädigt sie vielleicht auch für vieles, was sie mit ihren Kindern so mitmachen! (lacht)
Ihre Freundin wusste früher nicht viel über Skifahren. Wie gut kennt sie sich heute aus?
Hirscher: Lauri ist inzwischen längst sehr fit in den Bereichen, mit denen ich letztlich extrem viel Zeit verbringe. Affin ist sie aber sicher nicht, und das ist gut so. Von Graphik- und Webdesign habe ich umgekehrt sicher viel weniger Ahnung.
Das Interview führte Mathias Müller
Sechsmal WM-Gold, sechsmal Gesamtweltcupsieger und seit dem Kombi-Sieg am Dienstag auch Olympiasieger! Das tz-Interview mit dem 28-jährigen Ski-Superstar.
Source
https://www.merkur.de/sport/wintersport/marcel-hirscher-im-interview-ueber-familie-freundin-und-motivation-9622762.html